Wenn der rot-weiße Gelenkbus mit dem Kennzeichen AC-L 741 H durch Aachen fährt, staunen viele Passanten. Er wirkt wie aus einer anderen Zeit – und das ist er auch. Vor über 30 Jahren kam der MAN SG 242 zur ASEAG, damals als einer von zehn Bussen einer neuen Serie. Heute ist er ein Oldtimer, unterwegs für besondere Fahrten, und er erinnert daran, wie Busfahren Anfang der 1990er aussah.
Sein Leben begann am 18. März 1992, als er erstmals zugelassen wurde. Damals war er hochmodern: fast 18 Meter lang, 156 Plätze für Fahrgäste, ein kräftiger Motor mit sechs Zylindern. Die ASEAG setzte damals bewusst noch auf Hochflurbusse – der Einstieg über Stufen war ganz normal. Ursprünglich kam der Bus übrigens in grüner Lackierung auf die Straße, da er für eine Vollwerbung vorgesehen war. Erst bei seiner Restaurierung im Jahr 2014 erhielt er die rot-weiße Optik im klassischen ASEAG-Design, die ihn heute so unverwechselbar macht.
Nach rund 16 Jahren im Linienverkehr war jedoch Schluss. 2008 wurde er zusammen mit seinen Geschwister-Bussen ausgemustert. Ganz verschwunden war er aber nicht und einige Jahre später holte ihn die ASEAG-Werkstatt zurück ins Leben. 2014 bekam er eine umfassende Aufarbeitung – die durchgeführten Restaurationsarbeiten der ASEAG Werkstattmitarbeiter umfassten insgesamt etwa 300 Arbeitsstunden – und eben auch die neue Lackierung. Kurz wurde die alte ASEAG-Dame etwas ausgebremst: Nach Einführung der Umweltzone durfte der Bus nicht mehr durch die Stadt fahren. Erst 2022 änderte sich das mit dem Erhalt des H-Kennzeichens, das Fahrzeuge ab 30 Jahren als Oldtimer ausweist und die Erlaubnis erteilt, wieder überall unterwegs zu sein.
Heute taucht er dennoch nicht mehr im normalen Linienverkehr auf, sondern fährt nur bei Sondereinsätzen oder Spitzenfahrten (zum Beispiel im Schulverkehr). Für den alltäglichen Betrieb fehlt ihm nämlich die Barrierefreiheit – für besondere Gelegenheiten aber ist er genau das Richtige. Und jedes Mal gibt es viele erstaunte Blicke – besonders von jüngeren Fahrgästen, die solch ein Fahrzeug und die Innenaustattung so noch nie gesehen haben.
Busfahren wie früher
Wer einsteigt, merkt sofort: Hier ist vieles anders als in den modernen Niederflurbussen. Statt einer abgesenkten Einstiegskante gibt es Stufen, und im hinteren Gelenkbereich dreht sich beim Stehen sogar die ganze Plattform mit – wie Karrussell-Fahren. Eine ganze Generation vor den 2000-ern wird sich gut daran erinnern. Eine Klimaanlage sucht man vergebens – im Sommer öffnet der Fahrer die Dachluken von Hand. Auch das Lenkrad wurde irgendwann ausgetauscht, aber vieles ist noch original: der laute Motor – weil dieser noch nicht im gleichen Maße gedämmt ist wie heutzutage –, die quietschenden Bremsen –das Fahrzeug hat noch Trommel- statt Scheibenbremsen– und das insgesamt etwas ruckeligere Fahrgefühl.
All diese Eigenheiten erzählen von einer Zeit, in der Busfahren noch rauer und weniger komfortabel war – aber auch ein Stück unmittelbarer. Die Sticker, die im Bus kleben, sind übrigens auch immer noch die der 90-er Jahre. Für viele Fahrgäste, die den SG 242 noch aus dem früheren Alltag kennen, ist die Fahrt daher wie eine kleine Zeitreise.
Über die Jahre hat der Bus einiges erlebt. 2004 musste der Motor getauscht werden – der alte hatte einen schweren Schaden. Fünf Jahre später bekam er ein neues Getriebe, eingebaut aus einem seiner Schwesterfahrzeuge. 2010 war er sogar als Fanbus im Einsatz: Bei einem Fußballspiel zwischen Alemannia Aachen und Dynamo Dresden transportierte er Gäste-Fans, die dabei leider einen Teil der Innenverkleidung zerstörten.
Heute ist der SG 242 ein rollendes Denkmal. Er zeigt, wie sich Busse und der öffentliche Nahverkehr in Aachen verändert haben – und warum es sich lohnt, ein Stück Technikgeschichte zu bewahren. Wenn er durch die Straßen fährt, dann nicht nur als Verkehrsmittel, sondern als lebendiger Erinnerungsort.
