Vor 40 Jahren – genauer am 3. Februar 1974 – fuhren letztmalig O-Busse auf der Linie 51 zwischen Aachen und Baesweiler. Da die Stromversorgung an die des Straßenbahnnetzes gekoppelt war, wurde die O-Buslinie am 3. Februar 1974 auf dieselbetriebene Gelenkbusse umgestellt. Grund genug, uns mal dem O-Bus zu widmen und euch mit interessanten Anekdoten und Fakten zu versorgen. Wir haben mit einem Sammler in seiner Schatzkiste gewühlt und etliche alte Fotos ans Tageslicht geholt, die wir euch nicht vorenthalten wollen.
Die Geschichte des O-Bus reicht bis in die 20er Jahre zurück, als erstmals Pläne für eine Schnelltram Aachen – Alsdorf gemacht wurden. Die Weltwirtschaftskrise verhinderte die Umsetzung und so wurde 1930 eine Kraftpostlinie eingerichtet. Trotz der Kriegswirren errichtete die ASEAG die O-Bus-Strecke und am 2. Januar 1944 startete nach zwei Jahren Bauzeit die neue O-Bus-Linie 31 zwischen Aachen und Baesweiler.
Mit der O-Bus-Linie von Aachen über Würselen und Alsdorf nach Baesweiler traf die ASEAG ins Schwarze. Die Nachfrage war so hoch, dass die O-Busse meistens mit Hänger fuhren. Zu Beginn verkehrten vier MAN-O-Busse mit vier Anhängern auf der Strecke – zwischenzeitlich kurz aufgestockt um vier Fahrzeuge aus Antwerpen. Bereits nach 10 Monaten kam am 13. September 1944 kriegsbedingt das vorläufige Ende für den O-Bus.
Nach dem Krieg begann im Sommer 1948 nach der Währungsreform der Wiederaufbau der Strecke. Bereits drei Monate später fuhren wieder O-Busse zwischen Alsdorf und Baesweiler – jetzt als Linie 51. Stück für Stück wurde die Strecke wieder in Betrieb genommen, am 1. Juli 1949 wurde mit der Endschleife am Kaiserplatz das letzte Teilstück eröffnet. Mit einer Länge von über 19 km war die Strecke zu diesem Zeitpunkt die längste O-Bus-Strecke Deutschlands.
Die guten alten Zeiten: Nicht nur Alemannia spielte gegen Solingen, auch ein Aachener O-Bus trat gegen Solingen an. 1950 stand Solingen vor der Entscheidung, ein O-Bus-Netz aufzubauen. Man schickte damals am stärksten motorisierten Dieselbus nach Aachen, um im Duell gegen den O-Bus anzutreten. Wie man hört, sah der moderne Dieselbus in Würselen nur noch die Rückleuchten des O-Busses. Ein starkes Argument für den O-Bus. Auf dem Foto sieht man einen dieser blitzschnellen O-Busse 1949 vor der damals neuen Wagenhalle in Baesweiler nahe der Grube Carl Alexander.
Heute sprechen alle von E-Mobilität, vor 63 Jahren wurden in Aachen Massen mit den O-Bussen befördert. Zum Reitturnier im August 1951 pendelte die O-Bus-Flotte im 2-Minuten-Takt zwischen Kaiserplatz und Turnierplatz in der Soers, der mit einer Wendeschleife an die Hauptstrecke angebunden war. Dazu wurden zeitweise sogar Fahrzeuge aus anderen Städten geliehen. Allein am Turniersonntag wurden 20.000 Fahrgäste mit den O-Bussen zum »Großen Preis von Aachen« befördert.
Ein Blick zurück ins Jahr 1957: Mit den Sputnik-Satelliten beginnt das Zeitalter der Raumfahrt, in Rom wird die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet, Konrad Adenauer wird mit absoluter Mehrheit zum Bundeskanzler gewählt, im Kino läuft »Die Brücke am Kwai«, Bayern München gewinnt erstmals den DFB-Pokal und im Radio trällert Harry Belafonte den Song vom Banana Boat. Und in Aachen setzt die ASEAG ein echtes Unikat unter die Oberleitung: Den einzigen Aachener Anderthalbdecker O-Bus.
Seiner Zeit voraus war der O-Bus 13, der 1950 die O-Bus-Flotte der ASEAG ergänzte. War er doch erstmalig in Deutschland mit einer elektro-pneumatischen Schaltung ausgestattet. Die Bremsenergie wurde über die Oberleitung in das Stromnetz zurückgespeist. Auf dem Foto ist der baugleiche O-Bus 12 im Jahr 1959 im Depot Scheibenstraße zu sehen.
Auch wenn die ASEAG 1968 eine Betriebsgenehmigung für weitere 25 Jahre erhielt und in Folge die alten O-Busse durch gebraucht beschaffte, moderne Gelenk-O-Busse ersetzt wurden, kam 1974 mit dem Ende der Tram auch das Ende für den O-Bus. Von 1944 bis 1974 umrundete die O-Bus-Flotte ca. 670 Mal die Erde – was ungefähr 29,5 Millionen zurückgelegten Kilometern entspricht – und es wurden rund 85 Millionen Fahrgäste befördert.
Auf dem Foto zum Beitrag ganz oben sieht man den O-Bus 37 von 1960 sowie den damals nagelneuen Gelenkbus 374 der ASEAG am letzten Betriebstag am Reyplatz in Baesweiler.
Fotos: Sammlung Reiner Bimmermann, ASEAG-Archiv.
Vielen Dank an Reiner Bimmermann für die freundliche Unterstützung.
Sehr schöner und ansprechener Artikel. Danke für diese Bilderdokumentation.
Bilder des Aachener und Euregionalen- Busverkehrs gibt es auf http://www.facebook.com/euregiobus.
Viele Grüße Sascha Wassen
Heute Reden alle von alternativen Antriebsarten und Umweltfreundlichen ÖPNV und zerbrechen sich den Kopf wie man E-Technik in Bussen „reinbekommt“ dabei ist es doch so einfach, städte wie Solingen, Esslingen und Eberwswalde machen es vor, der Namre: O-Bus. Aber Nein in Aachen kommt man ja nicht drauf weil es bestimmt nicht mehr „Zeitgemäß“ ist und die Innenstadt mit Oberleitungen „verschandelt wäre“. Also gut Aachener Politik dann erfindet mal das Rad von neuem. Ich könnte mich weiter drüber auslassen aber ich lass es mal bevor es noch „unschön“ wird.
PS: Netter Bericht über den Aachener O-Bus, ging net sogar mal eine Linie nach Düsseldorf ? müsste noch ein „Plattform“ Artikel drüber haben
Zur Bildunterschrift:
„Hier ist der einzige Anderhalbdecker-O-Bus Deutschlands mit dem ersten dieselbetriebenen Anderthalbdecker der ASEAG 1957 vor dem Turniergelände zu sehen.“
Das ist allerdings nicht ganz richtig. In Osnabrück gab es ebenfalls Anderthalbdecker als O-Busse. In Archiv Nr. 43, „Die Osnabrücker Straßenbahn“, Verlag Eisenbahn, Schweiz, sind z. B. auf den Abbildungen 344 und 345 jeweils die Wagen 209 und 234 der Stadtwerke Osnabrück zu sehen.
Ansonsten aber ein sehr schöner und fein illustrierter Bericht.
Vielen Dank dafür!