Das Schienennetz in Deutschland ist enormen Belastungen ausgesetzt. Um es dauerhaft fit zu halten, wird an bis zu 700 Orten täglich gearbeitet. Auch der Schienenverkehr in unserer Region ist in diesem Jahr von verschiedenen Bauarbeiten betroffen. Doch wie werden die Baumaßnahmen geplant und koordiniert? Wir haben einen Blick hinter die Kulissen geworfen.
Das Streckennetz der Deutschen Bahn ist mit rund 64.000 Kilometern dreimal so lang wie die deutschen Autobahnen. Hintereinander gelegt würden die Gleise rund eineinhalb Mal um den Äquator reichen. Rund 40.000 Züge legen auf diesem Netz jedes Jahr über eine Milliarde Kilometer zurück – eine nahezu unvorstellbar lange Strecke. Mit einer Gesamtstreckenlänge von knapp 5.000 Kilometern verfügt NRW als Deutschlands wirtschaftsstärkstes Bundesland und internationale Verkehrsdrehscheibe über das dichteste Schienennetz Europas. Rund 700 Bahnhöfe, Haltepunkte und Haltestellen säumen die Strecke. Um funktionstüchtig zu bleiben, muss die gesamte Infrastruktur stetig gewartet, erneuert und ausgebaut werden.
Investitionen von über 600 Millionen Euro in NRW
Eine Schiene hat im Schnitt eine Lebensdauer von 20 Jahren, an stark belasteten Streckenabschnitten auch weniger. Somit müssen jedes Jahr bundesweit rund 3.000 Kilometer Schienen, über 2.000 Weichen, zwei Millionen Schwellen und rund 4 Millionen Tonnen Schotter ausgetauscht werden. Hinzu kommen Sanierungsarbeiten wie Schienenschleifen oder Stopfen des Gleisbetts.
Allein in diesem Jahr gibt es bundesweit mehr als 30.000 Baustellen entlang der Strecken, gebündelt in 65 sogenannten Baukorridoren, 10 dieser Korridore liegen in NRW. Mit den zahlreichen Baumaßnahmen erhält die DB nicht nur die Leistungsfähigkeit ihres Netzes, sie sichert zudem zahlreiche Arbeitsplätze mit besonderen Anforderungsprofilen – so zum Beispiel für Ingenieure, Techniker und Facharbeiter. Tritt das allgemein prognostizierte Bahnverkehrswachstum bis zum Jahr 2025 ein, müssen die Trassen in NRW im Vergleich zum Jahr 2011 einen Anstieg der durchschnittlichen Zuganzahl von 17,2 % pro Streckenabschnitt und Tag bewältigen. Um diese Steigerung zu verkraften, muss das Schienennetz »fit« gemacht werden.
In NRW sind deshalb im laufenden Jahr neben notwendigen Sanierungsarbeiten vor allem auch Arbeiten für neue elektronische Stellwerke z. B. in Duisburg und Wuppertal geplant. Über 600 Millionen Euro werden allein in diesem Jahr in NRW in das Schienennetz investiert. Davon werden 370 Weichen und 400.000 Tonnen Schotter ausgetauscht sowie mehr als 170 Kilometer Schienen und 300.000 Schwellen erneuert.
Planung und Abwicklung sind bestens organisiert
Die Federführung liegt beim sogenannten Infrastruktureigentümer – für Schienenwege und Signale ist das in der Regel die DB Netz. Sie beauftragt entweder die DB ProjektBau oder ein externes Ingenieurbüro mit der Baustellenplanung. Der avisierte Bauablauf, vor allem die Auswirkungen auf den Bahnverkehr, wird dabei von der DB Netz auf Herz und Nieren geprüft. Selbstverständlich mit dem Ziel, die Einschränkungen für die Fahrgäste so gering wie möglich zu halten.
Denn werden zum Beispiel im März wegen den Bauarbeiten an der Hohenzollernbrücke auf dieser Gleise gesperrt und die Züge erhalten deswegen einige Minuten Verspätung, wirkt sich das über Fernverkehrszüge, die bis nach München, Hamburg oder Basel fahren, schnell NRW-übergreifend aus. Entsprechend muss die Baustellenplanung dem bundesweiten Fahrplan angepasst werden. Meist geschieht dies mit zwei Jahren Vorlauf, bei kleineren Maßnahmen auch über einen kürzeren Zeitraum – spätestens aber drei Monate vor Beginn der Bauarbeiten. So können die Fahrgäste rechtzeitig über Einschränkungen informiert werden.
Höchste Anforderungen an die Logistik
Auch der Bauablauf selbst am Schienennetz ist weitaus komplizierter als zum Beispiel im Straßenbau. Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen liegt das in der Natur des Verkehrsmittels. Die Eisenbahn ist spurgebunden, fährt auf Signal und nicht auf Sicht und hat zudem aufgrund hoher Geschwindigkeiten lange Bremswege. Zum anderen sind die Bauorte oftmals schlecht von einer Straße aus zu erreichen. Hier sind Baugeräte erforderlich – Bagger, Kräne und andere – die auf Schienen fahren können. Auch die Materialmengen verlangen perfekte Planung und Disposition sowie eine exakt getaktete Logistik. Weichen, Gleise, Schwellen und Schotter müssen genauso wie die Baumaschinen immer rechtzeitig vor Ort sein. Oft werden eigens hierfür Lagerplätze in Baustellennähe errichtet, damit das benötigte Material schnell und reibungslos zur Baustelle gelangt.
Im Gegenzug müssen Altmaterialien umgehend abtransportiert werden. Vor der Beauftragung sind Ausschreibungen zu tätigen und die passenden Firmen werden ausgewählt. Beim Bauen »unter dem rollenden Rad« – sprich, wenn der laufende Betrieb fortgeführt wird – sind aufwendige Sicherheitsvorkehrungen für die Baumannschaften nötig: elektrische Warneinrichtungen sowie Sicherungsposten. Bei Sperrungen mit Auswirkungen auf den Reisezugverkehr muss zudem ein Schienenersatzverkehr organisiert werden. Die Anzahl der Beteiligten aus den verschiedenen Geschäftsfeldern der Bahn und den Spezialfirmen, die im Auftrag der DB tätig sind, ist entsprechend groß, das Prozedere komplex.
Baustellenbündel sorgen für weniger Einschränkungen
Ein Fortschritt: Seit nunmehr sieben Jahren fasst die Bahn erforderliche Bauarbeiten in sogenannten Korridoren zusammen, um diese so effizient wie möglich durchzuführen. Früher waren für jedes Bauvorhaben eine Fahrplanänderung, wenn nicht sogar eine Streckensperrung nötig. Heute werden alle geplanten Vorhaben bis zu einem Stichtag angemeldet. Danach werden so viele Arbeiten an einer Strecke wie möglich gebündelt und in einer Sperrung durchgeführt. So können dann bei einer Sperrung gleichzeitig Tunnel, Brücken und Bahnsteige saniert, Oberleitungen erneuert, elektronische Stellwerke gebaut und Lärmschutzwände errichtet werden. Wurden im Jahr 2007 noch im Schnitt etwa vier Bauprojekte zusammengefasst, sind es heute schon vierzehn!
Auch bei uns tut sich was
In diesem Jahr profitiert auch unsere Region von der Modernisierung des Schienennetzes. So werden unter anderem zwischen dem 7. März und dem 8. April sowie an den Wochenenden 11. bis 14. und 25. bis 28. April im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten turnusmäßig Gleise und Weichen auf der Hohenzollernbrücke zwischen den Bahnhöfen Köln Hauptbahnhof und Köln Messe/Deutz erneuert. Die DB Netz investiert rund 11 Millionen Euro in die Baumaßnahmen, 14 Weichen und insgesamt 2.500 Meter Schienen werden erneuert.
Im Spätsommer bzw. Herbst werden vom 8. September bis 2. Oktober an der Strecke Aachen – Mönchengladbach zwischen Baal und Lindern die Gleise auf einer Länge von 4.200 Metern erneuert sowie fünf Weichen ersetzt. Über 6.000 Schwellen und 14.100 Tonnen Schotter werden ausgetauscht. Die Strecke wird in diesem Bereich komplett gesperrt, Umleitungs- und Ersatzkonzepte werden derzeit erarbeitet. Die Bahn investiert hier 2,4 Millionen Euro.
Fahrgäste werden umfassend informiert
Damit ihr von diesen Änderungen nicht überrascht werdet, empfehlen wir euch unter www.bahn.de/bauarbeiten die Anmeldung für den Baustellen-Newsletter. Neben eurer E-Mail Adresse gebt ihr dort die Linien an, die ihr regelmäßig nutzt. Sobald es aufgrund von Bauarbeiten auf diesen Linien zu Fahrplanabweichungen kommt, erhaltet ihr rechtzeitig vor Baubeginn automatisch eine E-Mail mit genauen Informationen zu eventuellen Fahrplanabweichungen.
Selbstverständlich informieren wir euch über unseren Twitteraccount und ihr könnt euch auch weiterhin zum aktuellen Baugeschehen an allen betroffenen Bahnhöfen, in den Verkaufsstellen der Deutschen Bahn und im Internet informieren. Achtet einfach auf das Maskottchen »Max Maulwurf«, den Baustellenbotschafter der Bahn.
Fotos: Deutsche Bahn AG