Verreisen, den Zug verlassen und die eigenen Sachen vergessen – wer regelmäßig mit der Bahn unterwegs ist, kennt es vielleicht. Vielen fällt erst nach dem Ausstieg auf: „Moment, wo ist denn eigentlich die Jacke, das Handy, der Koffer?“ Rund 600 Gegenstände werden in Zügen der Deutschen Bahn (DB) täglich zurückgelassen und viele davon glücklicherweise auch abgegeben. 

Im zentralen Fundbüro der DB in Wuppertal kümmern sich die 14 Mitarbeiter um mehr als 75.000 Fundstücke aus ganz Deutschland. Wir haben einmal nachgehakt, wie das ganz genau abläuft.

75.000 Fundstücke lagern in Wuppertal

Deutschlandweit gibt es 86 Fundstellen – eine davon im Aachener Hauptbahnhof – und weitere 100 Annahmestellen, die dafür sorgen, dass die liegengebliebenen Gegenstände den Weg zurück zu ihren Besitzern finden. Dazu wird jedes einzelne Fundstück registriert und anschließend nach Hinweisen auf den Eigentümer untersucht. Ist nach sieben Tagen immer noch kein Besitzer auffindbar, so wird das Fundstück zum zentralen Fundbüro nach Wuppertal verschickt. „Hier kommen jeden Tag zwischen 200 und 400 Gegenstände an“, berichtet uns Udo Feld, der Leiter des Fundbüros. „Alles, was wir tun, geschieht im Interesse des Eigentümers. Wir nehmen die Gegenstände an, protokollieren sie sorgfältig und versuchen, den Besitzer zu finden. Wir sorgen auch dafür, dass die Fundstücke sortiert und sachgemäß aufbewahrt werden. Damit sind wir im Grunde genommen eine Art Logistikdienstleister.“ Die Rückführungsquote der Fundsachen an ihre Eigentümer liegt bei 60 Prozent.

Alle in Wuppertal eingegangenen Fundstücke bleiben für maximal 70 Tage in der Fundbüro-Zentrale. Meldet sich ein Besitzer oder kann dieser ermittelt werden, kann er sein Fundstück direkt in der Zentrale am Döppersberg 37 gegen eine geringe Gebühr abholen. Wohnt der Eigentümer nicht in der Nähe, wird der Gegenstand per Post verschickt.

„Erstaunlicherweise landen bei uns viele Musikinstrumente – ich habe hier ein ganzes Orchester im Lager, nur keine Spieler.“

Udo Feld, Leiter des Zentralen Fundbüros

Und was passiert, wenn nach 70 Tagen immer noch kein Eigentümer aufzuspüren ist? Dann kommt die Fundsache unter den Hammer – natürlich im metaphorischen Sinne! Sie wird versteigert, damit sie ihren Nutzen bei neuen Besitzern erbringen kann. Das geschieht zum Beispiel jeden Donnerstag im Fundsachenversteigerungsraum des Wuppertaler Hauptbahnhofs von 15 bis 18 Uhr. Bei Bedarf werden außerdem vor Ort des jeweiligen Fundbahnhofs Versteigerungen von Gegenständen durchgeführt, die zum Verschicken zu groß sind. Hierunter fallen beispielsweise Fahrräder oder Skier. So verrückt es sich anhören mag, auch die zählen nämlich zum Repertoire der Fundbüros.

Übrigens: Der Erlös aus der Versteigerung wird für den Eigentümer drei Jahre lang aufbewahrt. Danach geht er als Einnahme an die Bahn zur Finanzierung des Fundservices. Selbstverständlich hat bei allen Auktionen der Schutz der Daten höchste Priorität. Fotos und andere Daten werden beispielsweise vor der Versteigerung von Handys und Co. gelöscht. 

Die meisten Fundstücke kommen übrigens aus Berlin. Bei mehr als 300.000 Reisenden aus und in die Hauptstadt pro Tag ist das auch nicht verwunderlich. Die weiteren Fundstücke treffen aus ganz Deutschland in Wuppertal ein.

“Wenn ich jemandem seinen Laptop, Ehering oder Führerschein zurückgeben kann, ist das für mich der schönste Moment, weil ich diesen Menschen eine Freude mache.“

Glücksgefühle auf beiden Seiten

In den Regalen des Fundbüro-Lagers türmen sich folglich Taschen, Jacken, Schlüssel und vieles mehr. Die 60 Prozent, die davon den Weg zurück zu ihrem Eigentümer finden, sorgen sowohl beim Team des Fundbüros als auch bei den Besitzern für Glücksgefühle. Manchmal, wenn die Freude besonders groß ist, kriegen die Mitarbeiter des zentralen Fundbüros sogar Schokolade oder Dankeskarten zugeschickt. Die höchste Rückgabequote liegt mit 90 Prozent übrigens – kaum überraschend – bei Laptops.

Die verrücktesten Funde

Aber nicht nur Alltagsgegenstände bleiben auf der Strecke. Zwischen all den tausenden verlorenen Dingen finden sich manchmal weitaus kuriosere Gegenstände wieder: Das reicht von originalverpackten Brustimplantaten, die in der Bahn gefunden werden, bis zu Zahnprothesen. Der Besitzer der Brustimplantate, ein Arzt, konnte damals übrigens über einen Radioaufruf gesucht und gefunden werden. Und auch 25.000 Euro Bargeld wurden schon im Zug vergessen und ins Fundbüro gebracht. „Erstaunlicherweise landen bei uns viele Musikinstrumente – ich habe hier ein ganzes Orchester im Lager, nur keine Spieler“, schmunzelt Udo Feld.

Kommen wir nun also zur eigentlich wichtigsten Person im System „Fundbüro“: dem Finder selbst! Wenn dieser einen Gegenstand abgibt, besteht unter Umständen ein Recht auf Finderlohn. Bei der Abgabe stellen die Mitarbeiter der DB eine Finderquittung aus. Voraussetzung für den Anspruch eines Finderlohns ist, dass die Fundsache mindestens einen Wert von 50 Euro hat und der Finder kein Mitarbeiter der DB beziehungsweise einem Tochterunternehmen ist. Die Höhe des Finderlohns beträgt 2,5 Prozent für einen Wert zwischen bis 500 Euro und 1,5 Prozent für Fundsachen, die den Wert von 500 Euro überschreiten. Beim Fund von 25.000 Euro Euro eigentlich ein gutes Geschäft… 😉

Wir halten fest: Dinge auf einer Fahrt zu verlieren, ist keine Seltenheit. Finder wenden sich am besten an das Fundbüro im jeweiligen Bahnhof oder an das Zugpersonal. Im Zweifel wird man dann nicht nur durch das gute Gewissen, sondern auch durch den Finderlohn belohnt. Und wer selbst einmal etwas verliert, der sollte nicht verzweifeln, sondern sich unbedingt bei der Deutschen Bahn bemerkbar machen und online den Verlust melden. Außerdem lohnt es sich, bei den Fundstellen im lokalen Bahnhof – wie beispielsweise in Aachen Hbf – nachzufragen.

Eins steht jedenfalls fest: Das Team des Fundbüros versucht stets mit vereinten Kräften die Fundstücke an ihre Besitzer zurückzugeben und freut sich über jeden Erfolg.

Fotos: Deutsche Bahn AG