Ein Fahrplanwechsel der besonderen Art: Mit Beginn des neuen Jahres übernimmt die Rurtalbus den gesamten Busverkehr im Kreis Düren. Das bedeutet ganz konkret: Die Strecken der DKB und Bahntochter BVR übernimmt ab dem 01. Januar 2020 ein Betreiber – die Rurtalbus GmbH, die sich zu 49 % aus der Dürener Kreisbahn und zu 51% aus der RATH-Gruppe (Trägergesellschaft der Rurtalbahn) zusammensetzt. Das Konzept? Verkehr aus einer Hand. Eine Maßnahme, die das Liniennetz in der Region ausbauen und den Nahverkehr optimieren wird. So wachsen die bisherigen 6,8 Millionen Bus-Kilometer zukünftig auf 8 Millionen. Somit steigt die Anzahl der Linien auf 100, die der eingesetzten Busse auf 180. Diese legen dann im neuen Jahr pro Tag 2.000 Fahrten zurück. Doch was sich so simpel anhört, bedurfte jahrelanger Planung, viel Akribie und Manpower. Hinter dem Wechsel steckt ein Team, das seit Monaten Tag für Tag an der Umsetzung neuer Linien, Pläne, Haltestellen und vielem mehr arbeitet. Und das auf Hochtouren. Ein Team, für das der Silvester-Countdown ins Jahr 2020 sicher eine ganz besondere Bedeutung haben wird. Wir haben sie getroffen und erfahren, wie viel Arbeit und Herzblut in der Entwicklung und Umsetzung des neuen Liniennetzes steckt.

Die Basis: Der Nahverkehrsplan des Kreises Düren

Das komplette Angebot, das die Rurtalbus ab 2020 fahren wird und an deren Umsetzung das Team rund um Betriebsleiter Nikolas Asbach, Verkehrsplaner Jürgen Müller, Datenmanager Frank Zingsheim sowie Verkehrsmeister Udo Schüller und Rudolf Schleiz seit langer Zeit arbeiten, basiert auf einem Nahverkehrsplan, den ein externes Ingenieurbüro im Auftrag des Kreises Düren vor 3 Jahren erstellte. Eine der Vorgaben vor der Erstellung dieses Plans: die Durchführung einer vorgeschalteten Haushaltsbefragung. Hierbei konnten die zukünftigen Kunden im Kreis Düren angeben, was sie sich vom ÖPNV in ihrer Region wünschten. Diese Wünsche reichten von dichteren Taktungen für bestimmte Verbindungen, dem Ersatz fehlender Strecken oder auch der Optimierung bestimmter Linien. Der Nahverkehrsplan berücksichtigte diese aufgedeckten Defizite – die Basis für neue, ab 2020 angebundene Strecken. Und auch Kommunen wurden befragt. Das markanteste Ergebnis? In Städten und Gemeinden ohne Bahnhöfe, mussten Fahrgäste bisher oft lange Wege mit dem Regionalbus zurücklegen. Daher beinhaltete der Nahverkehrsplan für Städte ohne Bahnanschluss auch neue Schnellbuslinien, um wichtige Achsen zu beschleunigen.

Was folgte? Eine europaweite Ausschreibung

Nachdem der Kreis Düren nun diesen Nahverkehrsplan mit linienscharfen Fahrplänen vorgegeben hatte, erfolgte 2018 eine europaweite Ausschreibung. Auf die Umsetzung des vom Aufgabenträger vorgegebenen Fahrplans konnten sich alle Verkehrsunternehmen (europaweit) bewerben. Der Aufgabenträger befragte für die neue Fahrplangestaltung natürlich die Altbetreiber nach deren Erfahrungen, denn die Dürener Kreisbahn fuhr ja bereits knapp die Hälfte aller Linien im Kreis. So beriet das Verkehrsunternehmen, wie auch der andere Altbetreiber BVR, während der Gestaltung des Fahrplans mit Erfahrungswerten, erstellte ihn aber nicht. Genau wie die anderen Unternehmen musste es sich erst einmal auf die Ausschreibung bewerben. Die DKB gewann, die Meldung über den Zuschlag erhielt das Unternehmen aber erst im Mai diesen Jahres. Eine ganz schöne Herausforderung, die maximaler planerischer Leistung bedurfte und immer noch bedarf. Denn de facto war der vorgegebene Fahrplan ab diesem Zeitpunkt innerhalb von nur 8 Monaten auf die Straße zu bringen. Und bevor ein Fahrplan funktioniert (Beispiel: Die Linie 208 soll nicht nur auf dem Plan sondern auch in der Praxis zu gewissen Zeiten 15 Mal am Tag fahren), muss die Planungsabteilung erst einmal Fahrzeugumläufe und Einsatzpläne für die Busfahrer erstellen. Dies natürlich betriebswirtschaftlich optimal verknüpft, denn der Fahrplan soll im besten Fall möglichst Ressourcen schonend abgebildet werden.

Ausschreibung gewonnen – und dann? Planung, Planung, Planung!

Für die Umsetzung des Fahrplans waren und sind also zunächst viele andere Pläne nötig. Sprich: die Ressourcen-, Betriebs- und Einsatzplanung. Seit Veröffentlichung der Ausschreibung vor ungefähr 2 Jahren (Karneval 2018) beschäftigt sich das Team der Dürener Kreisbahn intensiv mit der Thematik. „Das sind Dimensionen, die man zunächst gar nicht greifen kann“, erklärt uns Jürgen Müller, der bei der DKB – bald Rurtalbus – für die Verkehrsplanung zuständig ist. „Wir haben natürlich seit 2018 darauf hingearbeitet, dass wir den Zuschlag erhalten. Ihn offiziell gewonnen haben wir aber erst im Mai diesen Jahres. Und seitdem geht es mit großen Schritten auf das neue Jahr zu. In 8 Monaten aus 6,8 Millionen Fahrplan-Kilometern knapp 8 Millionen im Kreis Düren entstehen zu lassen, das ist eine sportliche Herausforderung.“ Dazu muss die Fahrplanleistung aus zukünftig 100 Linien und 2000 Fahrten pro (Schul)Tag unter einen Hut gebracht werden. Denn der Einsatz von Bussen und Personal muss natürlich bestmöglich disponiert werden. Hinzu kommt, dass zukünftig nicht ausschließlich die Rurtalbus, sondern auch Subunternehmer die Fahrzeuge fahren. So kommen an einem normalen Schultag ab 2020 180 Busse und 250 Fahrpersonale im Kreis Düren zum Einsatz. Die Arbeit der Planungsabteilung erfolgt daher zweigeteilt: Die Betriebs- und Einsatzplanung für das eigene Personal und Fahrzeuge der Rurtalbus – diese Planung erfolgt sehr scharf auf Dienstplan-Ebene – sowie die Umlaufplanung der Subunternehmen. Hierzu erstellte das dreiköpfige Planungsteam um Herrn Müller Pläne, die dann ausgeschrieben wurden.

Sie nennen ihn liebevoll "The Brain"

Damit bei der Verkettung aller Fahrten nicht der Überblick verloren geht, ist beachtliche Expertise gefragt. Es ist also kein Wunder, dass seine Kollegen Jürgen Müller manchmal auch liebevoll „The Brain“ nennen – auch, wenn den sympathischen Planer dies eher zum Schmunzeln bringt. Doch der Spitzname passt, schließlich plant dieses „Brain“, welchen Einsatz 180 Busse pro Tag auf verschiedenen Linien und Strecken haben. Dabei unterscheidet sich jeder Tag durch verschiedene Bedürfnisse der Fahrgäste voneinander. Unterstützt wird er bei seiner Arbeit von einer Software, mit denen er die Dienstpläne und die Fahrpläne für das Fahrplanbuch und Aushänge der Haltestellen erstellen kann. Gleichzeitig ist es aber wichtig, den Einsatz der verschiedenen Fahrzeuge zu optimieren. Dafür muss Müller und seinen Kollegen klar sein, für welche Strecke sie beispielsweise einen großen Gelenkbus einsetzen oder wann ein Kleinbus ausreicht. Dazu werden in Düren vor allem Schulzeiten berücksichtigt, die aber natürlich von Schule zu Schule variieren. „Diese Zeiten hat man aber irgendwann im Kopf,“ versichert Müller uns. Wichtig ist neben des Wissens all dieser Fakten aber auch das eigene Herzblut, das in dieser Planung steckt. „Nur in Zahlen zu denken, das ist zu theoretisch. Das muss man schon spüren.“

Trotzdem ist sich Betriebsleiter Asbach sicher. Die Dürener Kreisbahn hat die Ausschreibung vor allem aus einem Grund gewonnen: Die Expertise des Teams. „Unsere Mitarbeiter sind fachkundig, kennen die Gegebenheiten vor Ort und konnten Ergebnisse, die von der Software zum optimalen Einsatz der Fahrzeuge errechnet wurden, manuell verfeinern. Sie kennen die Strecken, haben gute Ortskenntnisse. Das verhindert zum Beispiel vom Optimierer unnötig geplante Leerfahrten, weil man weiß, wie man die Fahrten örtlich am besten verketten kann“, ergänzt er. In seiner Stimme schwingt Stolz auf sein Team mit. Und das zurecht! Denn innerhalb kurzer Zeit hat es die deutschlandweit größte Bus-Ausschreibung, die es jemals in einem Los gegeben hat, umgesetzt.

Das Datenmanagement

Auch das Datenmanagement ist vom Wechsel betroffen und so fällt für Datenmanager Frank Zingsheim – genau wie für seine Kollegen – enorm viel Arbeit an. Schließlich müssen ab dem neuen Jahr alle Informationen der neuen Fahrpläne vollständig in den digitalen Plattformen bereit stehen, die Anzeigetafeln und Durchsagen in den Bussen müssen passen. Auch er arbeitet mit einer Software, muss aber für alle neu entstandenen Haltestellen und Veränderungen Liniennamen, Kürzel, Koordinaten, Haltestellen-Ansagen, Tarife und vieles mehr manuell eingeben. Bei einigen Haltestellen gibt es außerdem mehrere Haltepunkte, da muss er die Daten dann mehrfach eingetragen. Bei einer ganz neu entstehenden Haltestelle, muss Zingsheim zudem dafür sorgen, dass diese überhaupt erst im System, mit dem seine Kollegen dann weiter arbeiten, erscheint. Alle wichtigen Parameter müssen zunächst eingespeichert, programmiert und homogenisiert werden. Ein Gerüst, das seine Kollegen dringend benötigen, um die Planung und Umsetzung fortzusetzen. Da auch die Ampelschaltung mit dem Busverkehr zusammenhängt, verantwortet er zudem den reibungslosen Ablauf des Verkehrs im neuen Jahr. “Teilweise muss ich gerade sogar mit dem Messrad rauslaufen und die neuen Entfernungen mit der Hand messen. In der Regel georeferenzieren wir die Koordinaten über eine Karte, aber bei großen Baumaßnahmen, wie gerade auf unserer Hauptverkehrsachse, ist die Karte noch nicht aktualisiert. Und ich brauche genaue Entfernungen, damit die Ampel hinterher auch richtig schaltet.“

Der verlängerter Arm des Betriebs: Der Infrastruktur-Aufbau

Das Planungsbüro ist aber nicht alleine für die Umsetzung des neuen Fahrplans zuständig. Es besteht immer, aber vor allem während der momentanen Betriebsaufnahme der Rurtalbus, eine enge Zusammenarbeit mit den Verkehrsmeistern. Neben den klassischen Aufgaben der Verkehrsmeister, denen sie gerade im laufenden Betrieb natürlich auch nachkommen müssen, stehen sie vor vielen neuen Herausforderungen. Wenn im Zuge des neuen Fahrplans eine Buslinie zwischen zwei Orten entsteht, zieht dies oft die Entstehung neuer Haltestellen mit sich. Verkehrsmeister Udo Schüller kümmert sich dabei um bürokratische Angelegenheiten.

Er stimmt mit den Behörden ab, an welchen Stellen neue Haltepunkte entstehen sollen und vor allem können. Denn der Nahverkehrsplan des Kreises Düren gibt zunächst nur vor, welche Orte mit einer bestimmten Linie verbunden sind. An welchen Stellen und Koordinaten dann ganz genau die Haltepunkte entstehen, das muss das Team der Dürener Kreisbahn entscheiden. Es gibt Punkte, an denen unter anderem die Polizei die Errichtung einer Haltestelle kritisch sieht – an einer vielbefahrenen Bundesstraße ohne gut ausgebauten Fußgängerweg zum Beispiel. Dann muss Schüller Hand in Hand mit der Planungsabteilung und den Behörden arbeiten, um eine Alternative zu finden. „Ich kümmere mich also mehr um den schriftlichen Kram. Aber manches, was auf dem Papier funktioniert, geht in der Praxis eben nicht.“ Sein Kollege Rudolf Schleiz ist primär im Außendienst unterwegs, sobald der Plan für die Praxis abgesegnet ist. Er baut die – aus der Arbeit seiner Kollegen auf dem Papier resultierende – Infrastruktur dann auf der Straße auf, indem er Haltestellen errichtet, die Fahrpläne austauscht, Schilder beklebt.

Ein konkretes Beispiel:  Die Linie 216 fährt momentan von Düren nach Schophoven. Ab 2020 fährt sie von Düren nach Jülich. Alle Schilder der bisherigen Strecke nach Schophoven müssen natürlich nun neu beklebt werden, sodass die finale Destination nicht mehr Schophoven, sondern eben Jülich lautet. Jede noch so kleine Änderung betrifft also viele dutzende Haltestellen. „Ein dritter Kollege ist gerade übrigens draußen unterwegs, den haben wir mit Aufgaben bombardiert, damit es heute rund läuft. Das ist hier absolutes Team-Work!“

"Ich hoffe, dann klopfen wir uns alle auf die Schulter."

Weil bis zum Jahreswechsel neben dem laufenden Betrieb, der eigentlich schon Arbeit genug bietet, noch so viele weitere Aufgaben anfallen, hat das Team bis Februar 2020 offiziell Urlaubssperre. „Das kommt bei uns wirklich selten vor“, versichert Nikolas Asbach. Und daher ist es für das ganze Team sogar selbstverständlich – auf die Idee, sich momentan Urlaub zu nehmen, käme momentan sowieso niemand. Denn die Männer sind vor allem eins: stolz, Teil einer so spannenden und wichtigen Zeit zu sein. Sie sind bereit, jederzeit mit anzupacken. „Es macht mich wahnsinnig stolz, an so einem Projekt mitzuarbeiten“, bestätigt Jürgen Müller, der pünktlich zum Start der Ausschreibung auch Vater eines kleinen Sohnes wurde. „Es hätte keinen besseren Zeitpunkt geben können“, lacht er. Sein Kollege Schüller ergänzt: „Dieser Wechsel bedeutet uns allen sehr viel. Wir arbeiten seit so langer Zeit daran, dass uns wichtig ist, dass alles gut läuft. Da nehmen wir die Urlaubssperre gerne in Kauf. Und freuen uns auf Ostern. Da klopfen wir uns hoffentlich alle gegenseitig auf die Schulter, weil alles reibungslos läuft und genießen unseren wohlverdienten Urlaub.“

Wir drücken dem sympathischen Team der DKB, bald Rurtalbus, die Daumen, für einen reibungslosen Start am 1. Januar 2020 und wünschen viel Erfolg für die sicher spannende und arbeitsreiche Zeit, die jetzt kurz vor dem Jahreswechsel noch ansteht.