AVV: Der Begriff bedeutet übersetzt nicht nur Aachener Verkehrsverbund, sondern steht auch für 8 verschiedene Bus- und Bahnunternehmen und etlich verkaufte Tickets pro Jahr. So weit, so gut. Was aber, wenn ein Fahrgast mit einem Ticket Verkehrsmittel mehrerer Unternehmen nutzt? Dann müssen die Einnahmen aus Ticketverkauf oder Abo auf die verschiedenen Unternehmen innerhalb des Verbundes aufgeteilt werden. Hier kommt die Abteilung „Einnahmenaufteilung“ ins Spiel – und es wird kompliziert.

Denn jede Ticketart ist einem von drei Einnahmenaufteilungsverfahren zugeordnet. Die Einnahmen aus einigen Tickets werden nach einem Aufteilungsschlüssel verteilt, der sich auf der Grundlage einer Verkehrserhebung ergibt. Die Einnahmen aus anderen Tickets werden auf Basis vorhandener Informationen buchhalterisch aufgeteilt. In manchen Fällen verbleiben die Einnahmen aber auch ganz einfach bei dem Verkehrsunternehmen, das das Ticket ursprünglich verkauft hat. Wer bisher nur – Achtung Wortspiel – Bahnhof versteht, für den haben wir das Prinzip der Einnahmenaufteilung einmal ganz genau unter die Lupe genommen.

Ein Ticket kaufen, mehrere Verkehrsunternehmen nutzen

Zum Aachener Verkehrsverbund zählen die Unternehmen ASEAG, Arriva, DB Rheinlandbus, DB Regio NRW, DKB, Rurtalbahn, VIAS und West Verkehr. Deren Verkehrsleistung wird für jeden Fahrgast im AVV zu einem einheitlichen Tarif erbracht. Das heißt: Viele Unternehmen, gleicher Preis. Und: Kauft ein Fahrgast sein Monatsticket beispielsweise bei der ASEAG, dann darf er mit diesem Ticket nicht nur deren Busse nutzen, sondern auch die Verkehrsmittel der anderen Verkehrsunternehmen im AVV. Die Unternehmen erkennen die von ihnen ausgegebenen Tickets nämlich gegenseitig an. Daher ist es beispielsweise auch möglich, ein Ticket für die Fahrt nach Köln bereits an einer Aachener Haltestelle im ASEAG-Bus zu erwerben. Damit kann der Fahrgast dann sowohl den Bus bis zum Bahnhof, als anschließend auch den Schienenverkehr der DB bis nach Köln nutzen. Der Kunde geht bei solch einem Barkauf sowie beim Abschließen eines Ticket-Abos zwar ein Vertragsverhältnis mit einem Unternehmen ein, nutzt in der Regel aber die Leistung mehrerer Verkehrsunternehmen. Und diese wollen natürlich anteilig für ihre Leistungen bezahlt werden.

Die drei Säulen der Einnahmenaufteilung

Um die Einnahmen nun also gerecht auf die beteiligten Verkehrsunternehmen aufzuteilen, werden im AVV je nach Ticketart drei unterschiedliche Verfahren angewendet. 

Es gibt Ticket-Einnahmen, die prozentual – auf Basis der aus einer Verkehrserhebung („Säule 1“) entstehenden Daten – aufgeteilt werden.  Andere Erlöse können aufgrund vorliegender buchhalterischer Daten („Säule 2“) verteilt werden. Außerdem gibt es Tickets, bei denen eine fixe Aufteilung („Säule 3“) erfolgt. Die Verteilung steht in diesem Fall schon beim Kauf des Tickets fest. Aber der Reihe nach.

Säule 1: Aufteilung auf Basis der Daten einer Verkehrserhebung

Es ist bei einigen Tickets im Vorhinein nicht klar zu differenzieren, welche Route der Fahrgast einschlägt. Die Nutzung eines Monatstickets kann beispielsweise nicht prognostiziert werden, da dem Fahrgast alle Möglichkeiten offen stehen. Nutzen kann er den gesamten ÖPNV im Gebiet der jeweiligen Preisstufe und somit auch die Leistungen aller zum AVV gehörenden Verkehrsunternehmen. Gekauft hat er das Ticket aber bei einem Unternehmen, dem in diesem Moment die gesamten Einnahmen zuteil werden.

So weit so gut. Doch eine gerechte Aufteilung kann nur erfolgen, wenn Informationen darüber vorliegen, in welchen Verkehrsmitteln das Ticket konkret genutzt wurde. Daher führt ein vom Verkehrsverbund beauftragtes, externes Unternehmen eine langfristig angelegte Verkehrserhebung durch. Bei dieser werden zufällig ausgewählte Fahrgäste in Bus und Bahn über ihren Reiseweg sowie geplante Ein-, Aus- und Umstiege befragt. Daraus ergibt sich dann ein repräsentativer prozentualer Anteil der Fahrgäste, die mit einem bestimmten Ticket ein Verkehrsunternehmen nutzen. Aus diesen Werten werden anschließend die Prozentanteile für jedes Verkehrsunternehmen ticketscharf berechnet.

Solch eine groß angelegte Studie ist in der Durchführung natürlich aufwendig, daher gelten die erhobenen Daten als Grundlage für die Einnahmenverteilung für mehrere Jahre. Da sich Linien, Fahrpläne oder Ticketangebote und somit das Verhalten der Fahrgäste aber stetig verändern, wird die Erhebung alle 4-5 Jahre wiederholt und die Prozentsätze angepasst. 

Säule 2: Aufteilung auf Basis buchhalterischer Informationen

Bei bestimmten Tarifen – wie zum Beispiel dem School & Fun Ticket – werden buchhalterische Daten hinterlegt. Daher sind dem AVV Wohnort und Schule des Ticketinhabers bekannt, so dass auf den Schulweg, auf die genutzten Verkehrsmittel und schließlich auch auf das die Verkehrsleistung erbringende Verkehrsunternehmen geschlossen werden kann. Schließt ein Schüler sein School & Fun-Abo zum Beispiel bei der ASEAG ab, nutzt für seinen Schulweg allerdings lediglich Linien der west, stehen dieser natürlich auch die Ticket-Einnahmen zu. Diese Einnahmenaufteilung erfolgt also dann auf Basis der in der Buchhaltung hinterlegten Informationen. Was aber passiert nach Schulschluss? Denn ein School & Fun-Ticket darf – das ist bekannt – auch in der Freizeit genutzt werden. In diesem Fall sind erneut die Daten der Verkehrserhebung relevant, denn dann ist die Route nicht mehr im System hinterlegt und die Aufteilung basiert allein auf dem Verkehrsverhalten des Schülers.

 

Säule 3: Fixe Aufteilung

Es gibt Tickets, bei denen die Einnahme bereits im Vorfeld fest zugeteilt ist. Das kann verschiedene Gründe haben. Ein Flugs-Ticket – also ein Kurzstrecken-Tarif, mit dem der Fahrgast ab dem Einstieg bis zu 4 Haltestellen zurück legen darf – kann zum Beispiel nur dort benutzt werden, wo es gekauft wurde. Somit behält das verkaufende Verkehrsunternehmen auch automatisch seine Einnahmen. Eine Aufteilung ist in solchen Fällen gar nicht nötig.

Ein zweiter Grund für eine fixe Aufteilung basiert erneut auf den Daten der Verkehrserhebung. Ergibt sich nämlich, dass bestimmte Tickets so selten genutzt werden, dass Fahrgäste während der Erhebung kaum oder gar nicht anzutreffen sind, liegen keine validen Daten über die Nutzung vor. Ein Beispiel: Die Verkaufszahlen des euregiotickets sind vergleichsweise gering und weisen einen geringen Umsatz aus. Das Ticket wird dementsprechend selten genutzt und statistisch gesehen bei einer Verkehrserhebung äußerst selten angetroffen. So kann kein valider Prozentsatz ermittelt und keine Aufteilung errechnet werden. Sprich: Die Unternehmen behalten ganz einfach die Einnahmen für diese verkauften Tickets ein.

Einnahmenaufteilung innerhalb und außerhalb des Aachener Verkehrsverbundes

Die Einnahmenaufteilung erfolgt auf 2 Ebenen: intern und extern. Denn eine Einnahmenaufteilung findet nicht nur innerhalb des Aachener Verkehrsverbundes und somit zwischen den 8 Verkehrsunternehmen statt. Auch außerhalb, also auf Landesebene,  nimmt der AVV an der Einnahmenaufteilung teil. Diese NRW-weite Aufteilung wird vom Kompetenz Center Marketing durchgeführt. Die ermittelten anteiligen Einnahmen oder Ausgaben für den AVV werden dann wieder auf die einzelnen Verkehrsunternehmen aufgeteilt.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: das NRW-Semester-Ticket, das Studenten über die Universität beziehen. Die Einnahmen kommen also dem Verkehrsunternehmen der jeweiligen Stadt bzw. Region  zuteil, in der der Student eingeschrieben ist. Genutzt werden kann das Ticket aber in ganz NRW und somit auch in allen Verbünden in NRW und dazugehörigen Verkehrsunternehmen. Die Einnahmenaufteilung auf Landesebene ist über fixe Kostenschlüssel und Prozentsätze geregelt.

Ihr seht: Die Einnahmenaufteilung ist eine ziemlich komplexe Angelegenheit. Zahlreiche Faktoren müssen gewissenhaft beachtet und berücksichtigt werden. Denn schließlich soll jedes Verkehrsunternehmen am Ende auch das erhalten, was ihm zusteht. Zum Glück können sich alle Parteien auf eine transparente und faire Aufteilung verlassen.

Fotos: Aron Nijs

Die Einnahmenaufteilung auf einen Blick

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