„In der Freizeit aus Neigung, Freude an der Sache mit einem gewissen Eifer betriebene Beschäftigung auf einem bestimmten Gebiet.“ So beschreibt das Lexikon den Begriff Hobby. Was vielen bei dieser Definition als erstes durch den Kopf schießt, sind wohl die „Hobby-Klassiker“. Reiten, Lesen, Schwimmen, Kochen, Reisen, Tanzen, Malen, Tennis, Handball oder Fußball spielen. Von dem Hobby, mit dem wir uns in diesem Artikel beschäftigen, sind wir da aber ziemlich weit entfernt. Es ist anders, es ist spezieller, es ist ein „Nischen-Hobby“. Autos? Es wird warm! Fahrzeuge? Heiiiß! Das Hobby, das wir suchen, es heißt schlicht und einfach: Busse! Und genau wie alle anderen Menschen, die ihrem Hobby nachgehen, begeistern Bus-Fans sich in unterschiedlicher Ausprägung für eben alle Facetten rund um das Thema. Das reicht vom Aussehen oder der Beklebung eines Busses, über das Alter des Fahrzeugs, der Faszination für das Geräusch dessen Motors, bis hin zur Dokumentation der Fahrgestellnummern. Manche schreiben über Busse, andere besitzen eigene, die einen interessieren sich eher für Young-, die anderen für Oldtimer-Busse. Für den ersten Teil unserer Reihe „Unser Hobby? Busse!“ haben wir Roland Schulteis und Burkhard Heine getroffen. Die beiden leben ihre Leidenschaft – wie fast alle Bus-Hobbyisten – durch die Fotografie der Fahrzeuge aus. Was sie außerdem an Bussen begeistert? Wir haben nachgefragt.

Über die Fotografie zum Hobby Busse und über das Hobby Busse zur Fotografie

Als Burkhard Heine zwölf Jahre alt wird, schenkt ihm seine Mutter eine Instamatic-Kamera und legt damit den Grundstein für ein Hobby, das ihn sein Leben lang begeistern wird. Was 1982 mit dem gelegentlichen Fotografieren vor der eigenen Haustüre beginnt, wird einige Jahre später – ungefähr 1988, als Heine sich eine Kompakt-Kamera zulegt – zur echten Leidenschaft. Seitdem fotografiert er – und zwar Busse. In jungen Jahren geht er noch davon aus, der einzige Mensch mit diesem außergewöhnlichen Interesse zu sein. Bis er über einen Bekannten Zeitschriften entdeckt, die Omnibusse thematisieren. „Zu dem Zeitpunkt habe ich erst bemerkt, dass ich nicht der Einzige bin, der sich dafür interessiert. Bis dahin dachte ich immer, so ein – sagen wir mal stranges – Hobby hat kein anderer.“ Damit spricht er Roland Schulteis aus der Seele. „Am Anfang stand man eigentlich nur in der Ecke, hat heimlich Fotos von Bussen gemacht und gedacht: Wenn mich jetzt einer sieht, der denkt, ich bin nicht ganz richtig.“ Anders als Heine kam Schulteis aber nicht über die Fotografie zu seinem Hobby, sondern genau andersherum. Schon als kleiner Junge begeistert er sich für das Busfahren, will alles über das Streckennetz, die Fahrpläne und die Zusammenhänge der einzelnen Linien wissen. Als auch er irgendwann eine Kamera besitzt, merkt er, wie gerne er fotografiert und zwar auch – natürlich – Busse.

Mit dem Zugang zum Internet zum Zeitpunkt der Jahrtausendwende realisieren sowohl Burkhard Heine als auch Roland Schulteis, dass es noch viel mehr Bus-Fans gibt, als sie bis dato vermutet hatten. „Da habe ich mich dann endlich geoutet“, lacht Schulteis. Mittlerweile bereuen beide, dass sie in jungen Jahren aus Scham weniger Bus-Fotos geschossen haben. Doch über zu wenige Bilder im persönlichen Portfolio kann sich keiner der beiden beschweren. „Ich habe ungefähr 35.000 entwickelte Bilder zu Hause. 2014 bin ich aber dann in die digitale Fotografie eingestiegen“, so Heine.

„Es sind über das Hobby aber auch richtige Freundschaften entstanden.“

Heine und Schulteis sind mit all den anderen Bus-Hobbyisten „da draußen“ über Mail-Verteiler und Online-Gruppen vernetzt. So helfen Gruppen wie „Rheinlandbus“ oder das „Nahverkehrsforum“ dabei, Informationen über Busse, Daten oder Fotos auszutauschen. „Es sind über das Hobby aber auch richtige Freundschaften entstanden. Früher war das Hobby das verbindende Element, jetzt sind es die guten Freunde. Deswegen sehen wir uns natürlich auch in real life und organisieren Treffen.“ Zwei Bekannte aus Heines und Schulteis „Bus-Community“ haben einen alten Bus gekauft, diesen restauriert und saniert. „Darin sind wir vor kurzem auf einer Sonderfahrt im Rhein-Erft Kreis durch die Lande gefahren. Da kommen dann locker mal dreißig bis vierzig Mann zusammen.“ Die Community besteht zu 99% aus Männern, die meisten von ihnen haben ihr Hobby zum Beruf gemacht und arbeiten im ÖPNV-Bereich, wie auch Heine (WestVerkehr) und Schulteis. Doch es gibt Ausnahmen. „Im erweiterten Kreis haben wir sogar einen omnibusbegeisterten Pfarrer.“ Während es online primär um Informations- und Datenaustausch rund um die Busse, deren Fahrgestellnummern und Historie geht, werden auf den gemeinsamen Touren auch private Themen besprochen. „Bei der letzten Fahrt war auch meine Frau dabei, um sich das Spektakel mal anzusehen“, lacht Heine. „Aber wie gesagt, da sind inzwischen Freundschaften entstanden, die auch unsere Frauen verbinden.“ Damit die Bus-Fans möglichst ausgefallene Fotos schießen können, lassen sie sich immer wieder etwas Neues einfallen. „2011 haben wir die Foto-Sonderfahrt mit einem zur Aussonderung anstehenden Bus der WestVerkehr in die Tagebauregion Erkelenz Süd unternommen. Dabei ist zum Beispiel auch ein Foto des Busses vor dem Erkelenz-Immerather Dom – leider inzwischen abgerissen – entstanden.“

Die Fotografie als verbindendes Element

Was alle Bus-Hobbyisten vereint, ist die Fotografie. Sie ist das verbindende Element. „Das Fotografieren verbindet uns irgendwie alle. Bei uns kommen zwei Hobbys zusammen: Gute Fotos zu machen und eben die Busse.“ Schulteis versucht, alle Modelle abzulichten, die im AVV auf den Straßen fahren. Was für ihn die Fotografie besonders interessant macht, sind zum Beispiel die Werbebeklebungen auf den Fahrzeugen. „Die wechseln immer so nach zwei bis fünf Monaten. Dann muss ich hoffen, dass ich den Bus wieder mit der neuen Werbung vor die Linse bekomme.“ Hinzu kommt dann die Datensammlung über die Fahrzeuge. „Das ist dann noch eine andere Art des Hobbies. Jedes Fahrzeug hat eine Fahrgestellnummer und die gibt Aufschluss über den Lebenslauf. Wenn zum Beispiel die ASEAG einen Bus nach zehn Jahren weiterverkauft, er vielleicht sogar bei einem Verkehrsunternehmen außerhalb Europas landet, dann ist man interessiert daran, herauszufinden, wo das Fahrzeug, das man mal fotografiert hat, nun fährt.“ Dabei hilft dann auch die Kommunikation in den Foren und Gruppen. Schulteis selbst pflegt diese Daten nämlich nicht sehr intensiv. „Fahrgestellnummern dokumentiere ich, wenn Zeit ist. Für mich liegt der Reiz eher in der Ästhetik der Wagen. Also, ob die Werbung mit der Lackierung des Bus-Unternehmens harmoniert, oder ich den Bus vor einem tollen Hintergrund fotografieren kann. Aber wenn ich dann doch mal eine Nummer oder Info brauche, weiß ich, wen ich kontaktieren muss. Und selber helfe ich dann gerne auch mal mit einem guten Foto aus.“ Unter all den Bildern, die über die letzten Jahrzehnte entstanden sind, befinden sich natürlich auch persönliche Lieblinge. Für Schulteis sind es die, die den speziellsten Hintergrund haben. „Wenn es eine Geschichte zu dem Bild gibt oder es etwas ganz besonderes zeigt, das Atomium in Brüssel zu Beispiel, dann gehört das Foto eindeutig zu den persönlichen Schätzen.“

Nordrhein-Westfalen-Redakteur bei der Zeitschrift Omnibus-Nachrichten

Burkhard Heines Leidenschaft drückt sich außerdem im Schreiben über Busse aus. Er ist NRW Redakteur bei der Zeitschrift „Omnibus-Nachrichten“, die in ganz Deutschland erscheint. In der letzten Ausgabe veröffentlichte er – unter anderem mit Hilfe von Roland Schulteis, von dem die Bilder stammten, einen Artikel über die ASEAG. Ein weiterer Freund aus der Bus-Community konnte Heine mit den Daten für die Wagenparkliste, die den Bestand der Fahrzeuge eines Unternehmens aufzeigt, versorgen. In dem Artikel konnte daher die ASEAG-Fuhrparkliste mit Kennzeichen, Hersteller, Baujahr und Erstzulassung der Wagen abgedruckt werden. Ein Beitrag, der dank toller Fotos und ausführlich recherchierter Daten jedes Bus-Hobbyisten Herz höher schlägen lässt. Doch Heine schreibt nicht nur über seine Passion. Er besitzt auch zwei eigene Omnibusse. Zu seinem 50. Geburtstag, den er im Februar unter dem Motto „Dorfkind-Tour 2019“ feierte, holte er seine Gäste mit dem eigenen Bus an seinem alten Wohnort „auf’m Land“ ab und kutschierte sie auf einer 20 km langen Tour zu einem alpenländischen Restaurant. Außerdem ist Heine Mitglied in zwei Omnibusvereinen. Für einen kommen seine beiden, insbesondere sein zweiter zweiter – knallgrüner – Bus für Vereins- und Sonderfahrten ebenfalls regelmäßig zum Einsatz kommt.

Sowohl Heine als auch Schulteis haben zudem einen Busführerschein, so wie die meisten aus der Bus-Community. So können sie auch beim Fahren ihre Leidenschaft ausleben. Ein besonderes Highlight? Das Steuern eines Doppelgelenkbusses. Eine echter Aachener Exklusivität.

„Komplett weg ist die Scham dann doch nicht.“

Doch ihr Hobby hat auch Schattenseiten – das liegt nicht zuletzt daran, dass es sich um ein ziemlich spezielles Interessengebiet handelt. „Wenn wir fotografieren, dann gibt es natürlich Fahrgäste oder Fahrer, die fragen, was wir mit den Bildern machen. Nicht jeder hat Lust darauf, auf einem Bild zu landen.“ Doch es geht auch anders. Vor allem viele Fahrer kennen die Mitglieder der Bus-Community. Sie winken oder halten den Daumen hoch, wenn sie merken, dass sie von ihnen fotografiert werden. „Manche fragen dann auch, wo sie das Bild finden oder, ob man es ihnen schicken kann.“ Wenn es aber doch mal zu Diskussionen mit Fahrpersonal oder Fahrgästen kommt, ist das Schulteis und Heine unangenehm. „Man hatte schon öfter Diskussionen wegen des Anrechts auf das Bild. Mir wurde sogar schonmal vorgeworfen, dass ich vom Verfassungsschutz sei. Das kann dann schon ganz schön absurd und auch peinlich werden. Man spielt sich ja nicht gerne in den Vordergrund, vor allem an Orten mit vielen Menschen. Komplett weg ist die Scham dann doch nicht“, erklärt uns Heine. Haben die Bus-Fans die Chance, ihr Hobby zu erklären, stößt es aber in der Regel auf Verständnis. „Und wenn man merkt, dass ein Fahrer es einfach nicht mag, fotografiert zu werden, dann lässt man es eben,“ schließt Schulteis ab.

„Wir haben auch ein normales Leben.“

Wie bei jedem Hobby gibt es auch unter den Bus-Fans solche, die sich nur für dieses Thema begeistern können, Hardcore-Hobbyisten sind. Dazu zählen Heine und Schultheis sich selbst nicht. „Wir haben auch ein normales Leben“, lachen beide. Dazu zählen in erster Linie ihre Frauen und Familien. Und die haben in beiden Fällen absolutes Verständnis für die „Leidenschaft Bus“. „Auch im Urlaub fröne ich natürlich immer wieder meinem Hobby. Meine Frau achtet dann extra darauf, dass ich Zeit für Fotos an Bus-Bahnhöfen habe. Vergangenen Sommer haben wir einen Wanderurlaub in Südtirol unternommen, bei dem ich natürlich auch wieder die Kamera gezückt habe. Dabei habe ich auch einen Morgen dem lokalen Unternehmer – natürlich nach Terminabsprache – einen Besuch abgestattet und mir Fahrzeugdaten erfragt beziehungsweise einen Artikel für die nächste Ausgabe der “Omnibus-Nachrichten” abgestimmt“, erzählt uns Heine. Schulteis ergänzt: „Meine Frau sagt immer, lieber Busse fotografieren, als durch die Kneipen zu ziehen.“ Wir grinsen. „Ja, unser Hobby ist ein bisschen schräg“, schließt Heine ab, „aber es ist harmlos!“